Die verborgene Seele-Teil 2
veröffentlicht von Jessica Urbschat
Mein Körper bebte vor Aufregung und gleichzeitiger Angst. Ich war wie hypnotisiert. Erst die Rufe meiner Schwester und meiner Mutter hatten mich wieder in die Gegenwart zurückgebracht. „Fin, was ist los? Was machst du da oben?“,,Ich komme gleich!“, antwortete ich. Dann fasste ich wieder Mut und nahm mit zitternden Fingern den Brief in meine Hand.
Noch nie hatte ich einen Brief mit einem richtigen Siegel gesehen. Es fühlte sich komisch an, das Siegel zu berühren. Es war eine Mischung aus Aufregung und gleichzeitiger Angst. Ich nahm all meinen Mut zusammen und brach das Siegel auf. Danach versuchte ich, den Brief zu öffnen, doch es gelang mir nicht. Ich versuchte mit Gewalt ihn aufzureißen, doch der Brief leistete Widerstand. Selbst mit einer Schere konnte der Brief nicht beschädigt werden. Nachdenklich ging ich die Treppe hinunter. Kurz nachdem ich mein Zimmer verlassen hatte, hörte ich plötzlich eine gespenstische Stimme sagen:
„Erst wenn das Haus
und
die Vergangenheit
sich binden, wirst du die Freiheit
und die Seele
ihre Ruhe finden und
den Fluch überwinden.“
Hastig lief ich in mein Zimmer zurück. Ich riss die Tür auf und hörte noch einmal die gespenstische Stimme:
„Erst wenn das Haus
und
die Vergangenheit
sich binden, wirst du die Freiheit
und die Seele
ihre Ruhe finden und
den Fluch überwinden.“
Nervös suchte ich auf dem Boden nach dem Brief. Doch ich fand ihn einfach nicht. Ich schaute überall, doch er war nicht zu finden! Kurz darauf ertönte die Stimme wieder. Jetzt wusste ich, wo der Brief sich versteckt hatte.
„Erst wenn das Haus
und
die Vergangenheit
sich binden, wirst du die Freiheit
und die Seele ihre Ruhe
finden und
den Fluch überwinden.“
Ich schaute nach oben. Mir schlotterten die Knie, dass ich fast das Gleichgewicht verlor. Der Brief flog über mir hin und her; er hatte sich in ein menschenähnliches Gesicht verwandelt.
Da fing der Brief wieder an zu sprechen:
„Erst wenn das Haus
und.
die Vergangenheit
sich…“
An dieser Stelle brach die Stimme ab. Der Brief hielt inne, drehte sich einmal um sich selbst und zerfiel zu Staub. Ich berührte ungläubig den Staub auf dem Boden und ließ ihn durch meine Finger rieseln.
Was hier gerade vor sich ging, musste ich erst einmal verkraften. Ich war zu aufgewühlt, um klar denken zu können. Dabei wurden meine Augen langsam schwerer und ich schloss sie für einen kurzen Moment. Dann öffnete ich sie wieder.
Ich ging in meinem Zimmer auf und ab und überlegte, was der Brief gesagt hatte und was das zu bedeuten hätte:
„Erst wenn das Haus und
die Vergangenheit
sich binden, wirst du die Freiheit
und die Seele
ihre Ruhe
finden und
den Fluch überwinden.“
Ich war mir sicher, dass der Brief das gesagt hatte. Schnell holte ich mir einen Zettel von meinem Schreibtisch und schrieb mir den Text auf. Ich steckte ihn in meine Hosentasche. Dabei sah ich das Bild, das immer noch auf dem Boden lag.
Vorsichtig hob ich es auf und hängte es an seinen alten Platz zurück. Beim Rausgehen drehte ich mich nochmals um und genau in diesem Moment tauchte die seltsame Gestalt auf dem Bild wieder auf.