Inas Geheimnis – Kapitel 3

Mir fiel das gehetzte Treiben der Burgbewohner auf und ich fragte: „Was sagtet ihr eben? Es gibt einen Krieg?“

„Ja“, antwortete Timnur, „wir erwarten schon seit einiger Zeit einen Angriff von Mauron, dem Herrscher der dunklen Naturgeister. Heute wollen wir Spione aussenden, um herauszubekommen, was er plant. Du kannst mitkommen, wenn du willst.“

Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen nach Hause zu kommen und dem Wunsch diese geheimnisvolle Welt zu erkunden. Als hätte er meine Gedanken gelesen, meinte der Naturgeist: „Wenn du zurückkehrst, wird in deiner Welt keine Zeit vergangen sein. Wir können auch die Zeit, die in unserer Welt vergeht vor euch Menschen verbergen.“

Ich überlegte eine Weile, dann nickte ich.

„Mignir, trommle den Spähtrupp zusammen. Wir wollen gleich aufbrechen“, wandte er sich an den Zwerg. Als Mignir davongeeilt war, sah Timnur mich lächelnd an: „Wie heißt du eigentlich?“ „Ich bin Ina“, sagte ich. „Gut Ina, dann komm mit mir.“

Wir gingen eine Treppe hinunter, die uns direkt in den Burghof führte. Hier schien sich wirklich jeder auf einen Kampf vorzubereiten. Schwerter wurden geschliffen, Bögen gespannt und Katapultkugeln gestapelt. „Wird die Reise denn nicht sehr gefährlich?“, traute ich mich zu fragen. Timnur erwiderte: „Schon, aber hier zu bleiben und nicht zu wissen, was vorgeht ist auch gefährlich.“

Vor dem Tor warteten Mignir, ein anderer Zwerg und zwei weitere Naturgeister. Alle waren bewaffnet. Sie hatten fünf Pferde bei sich. Eines davon war besonders groß, schneeweiß und wunderschön. Es hatte Flügel!

„Auf die Pferde!“, rief Timnur. „Ina, du reitest mit mir.“ Und schon saß ich auf dem geflügelten Pferd. Wir ritten durch das riesige Burgtor und überquerten die Zugbrücke. Vor der Festung lagen Felder, ein Gemüsegarten und eine große Wiese mit Blumen und Obstbäumen. Überall wuselten die feenartigen Wesen herum. Sie kümmerten sich um die Pflanzen und schienen zu ernten. Ihr Tun wirkte spielerisch und leicht.

Gleich dahinter lag ein tiefer Wald. Wir ritten hinein und trabten schweigend nebeneinander her. Ich, weil die Magie dieses Ortes mich faszinierte, die anderen, weil sie fürchteten, belauscht zu werden. Über Stunden setzten wir unseren Weg fort, bis es dämmerte. Dann schlugen wir ein Nachtlager auf. Ich lag auf dem Boden und sah in den Himmel. Wieder einmal stockte mir der Atem. Selbst der Nachthimmel sah hier anders aus. Es gab drei Monde und die Sterne glänzten viel heller als in der Menschenwelt. Erschöpft von diesem ereignisreichen Tag fiel ich in einen unruhigen und viel zu kurzen Schlaf.

Ich erwachte im Morgengrauen und auf meinen suchenden Blick hin knurrte Mignir: „Timnur macht einen Erkundungsgang.“ Ich verstand langsam, dass dieses Brummeln und Grunzen die normale Sprechweise des Zwergs war. Es war nicht unfreundlich gemeint. Einer der Zwerge hatte ein Feuer entfacht und kochte darauf eine Suppe aus Trockenfleisch und Kräutern.

Gerade wollten wir anfangen uns zu stärken, als unser Anführer lautlos aus dem Dickicht auftauchte.

„Ich habe schlechte Nachrichten.“ berichtete Timnur. „Mauron ist mit seinen Truppen anscheinend schon vor Tagen auf Umwegen in Richtung unserer Burg vorgerückt. Wahrscheinlich hat er nur darauf gewartet, dass wir die weiße Festung verlassen, um dann anzugreifen. Wir müssen sofort zurück und ihn aufhalten. Ina und ich fliegen vor, ihr anderen folgt uns so schnell ihr könnt.“

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