Blumen und Rabatte

Blumen

Blumen und Rabatte

Rabatte

Rabatte und Models

Blumen

Blumen und Models

Blumen und Rabatte und Models und der internationale Frauenkampftag.*

Ob das alles wohl im Sinne von Clara Zetkin, der Initiatorin des Weltfrauentages, gewesen wäre? Es lässt sich nur mutmaßen.

Abgebildet wird in diesem, zugegebenermaßen leicht veränderten, Gedicht aber die Realität des modernen Weltfrauentages. So wurden auch in diesem Jahr, zum Teil schon eine Woche vor dem eigentlichen Tag, vermeintlich „feministische“ Werbungen geschaltet, in denen Size-Zero Models Kleidung präsentieren, die maximal in Größe 40 erhältlich ist, Frauen, die den standardisierten Schönheitsidealen entsprechen, Blumen geschenkt bekommen oder bereits genannte Models für Rabatte auf bereits benannte Kleidungsstücke werben. Wir werden aufgefordert, uns einen schönen „Mädelstag“ zu machen, denn es ist ja schließlich Weltfrauentag. Außerdem sollen wir auch bitteschön dankbar sein und uns freuen, wenn Unternehmen, die die Frauen-und Menschenrechte das ganze Jahr über missachten, uns heute eine Rose schenken wollen.

Feminismus und der Einsatz für Frauenrechte sind mainstreamfähig geworden. Selbst Firmen wie H&M führen mittlerweile T-Shirts die mit bezeichnenden Sprüchen wie „We should all be feminists“ oder „The future is female“ bedruckt sind. Diese Kleidungsstücke wurden selbstverständlich von Frauen produziert, die zu Hungerlöhnen in gefährlichen Fabriken, die auch gut und gerne mal einstürzen, arbeiten und deren Rechte auch sonst mit Füßen getreten werden. Davon abgesehen möchten sich aber auch sonst die meisten Firmen mehr oder minder als feministisch verkaufen. Darüber könnte man sich sogar freuen, würden für besagte Werbungen nicht Frauen genutzt, die vollkommen unseren ungesunden Schönheitsidealen entsprechen und würden in besagten Firmen nicht genauso wenig Frauen Führungspositionen besetzten wie sonst überall und würden die Firmen sich auch außerhalb ihrer Werbung ernsthaft für die Rechte und Probleme von Frauen interessieren. So ist es aber nicht. Stattdessen überschütten sie uns mit Werbungen, die das öffentliche Bild vom Weltfrauentag prägen und so verniedlichen. Auf meiner Suche nach einem geeigneten Titelbild für diesen Artikel zum Beispiel fand ich unter dem Stichwort „Weltfrauentag“ fast ausschließlich Bilder von Blumen. Ja, von Blumen. Vereinzelt trifft man auch auf ein, in geschwungener Schrift geschriebenes und mit Herzen und Blumen verziertes, „Happy International Women’s Day“. Natürlich verkauft sich das gut, denn es ist das, was die Konsumenten gerne sehen möchten. Wir möchten uns möglichst nicht mit Problemen, Missständen und anderen unangenehmen Dingen beschäftigen. Man sollte aber nie vergessen, dass der Weltfrauentag auch den Namen „Internationaler Frauenkampftag“ trägt. Und eigentlich umschreibt das viel besser, wozu dieser Tag dienen sollte, denn sowohl in Deutschland als auch im Rest der Welt müssen Frauen immer noch für ihre Rechte kämpfen. Sei es für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, das Wahlrecht, Freiheit und Selbstbestimmung, Anerkennung oder, oder, oder. Die Liste ist unendlich lang. Ein besonders schockierende Beispiel ist, dass Medikamente in den meisten Fällen auf Männer angepasst sind und deshalb unter Umständen bei Frauen ganz anders oder auch gar nicht wirken können. In vielen Bereichen ist der Mann also immer noch das Maß aller Dinge, auch in Deutschland, und unter anderem daran gilt es am Weltfrauentag zu erinnern.

So schön es auch wäre, ein „The future is female“-Shirt allein wird an diesen Missständen nichts ändern und besonders dann nicht, wenn die Firma, die es produziert selbst Frauenrechte verletzt. Helfen werden uns auch nicht Rabatte auf Kleidung, die standardisierte Schönheitsideale fördert, auf Blumen, auf Schokolade oder auf sonstige Produkte, die weibliche Stereotypen fördern. Die Wirtschaft muss sich endlich aus dem Weltfrauentag raushalten, solange sie nichts konstruktives dazu beizutragen hat. Im Augenblick hält sie uns nämlich davon ab, wütend zu werden auf das Patriarchat und diejenigen, die es stützen. Wir müssen viel eher die Menschen ins Rampenlicht rücken, die das ganze Jahr über für Frauenrechte kämpfen und sich engagieren für die Frauen, die allein nicht genug Macht besitzen, um Dinge zu verändern.

Solange nicht jedes Mädchen und jede Frau auf dieser Welt die gleichen Rechte und Chancen bekommt wie Männer und Jungen, möchte ich keine Blumen zum Weltfrauentag geschenkt bekommen. Solange Frauen nicht entsprechend ihrem Anteil an einer bestimmten Gruppe in dieser Gruppe Führungspositionen übernehmen, will ich keine Rabatte zum Weltfrauentag bekommen. Und solange sich nicht alle Menschen gleichermaßen für Gleichberechtigung und Gleichstellung einsetzen, werden wir nicht nur am Weltfrauentag, sondern jeden Tag in jedem Jahr weiterkämpfen müssen.

*Die Originalversion dieses Gedichts stammt von Eugen Gomringer. Näheres zur Debatte um sein Gedicht lässt sich unter folgendem Link nachlesen: https://www.zeit.de/kultur/literatur/2018-01/gedicht-eugen-gomringer-berlin-sexismus-kommentar

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